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Auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung: der schweizer "Comply or Explain"-Ansatz

Auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung: der schweizer "Comply or Explain"-Ansatz
Keystone
Daniel Rüfenacht
SGS Group - Vice-President Corporate Communications
15 mars 2021, 0h01
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Seit dem 1. Januar 2021 enthält das geänderte schweizerische Obligationenrecht (OR) neue Richtlinien für eine Mindestquote für die Vertretung von Frauen in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Artikel 734f OR fordert von größeren börsennotierten Unternehmen einen Frauenanteil von mindestens 30 % im Verwaltungsrat und mindestens 20 % in der Geschäftsleitung. Im Sinne der Transparenz wird mit dieser Änderung auch der Einhaltung der verfassungsmässigen Verpflichtung zur Gleichstellung von Frau und Mann gemäss Artikel 8 der schweizerischen Bundesverfassung nachgekommen. Bei Nichteinhaltung dieser Quotenkriterien müssen die Unternehmen in ihren Vergütungsberichten erklären, warum diese nicht erfüllt wurden, und aufzeigen, was sie zu tun gedenken, um dies zu korrigieren.

Die Gender-Benchmarks gelten für börsenkotierte Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: Eine Bilanzsumme von 20 Millionen Schweizer Franken; einen Umsatz von 40 Millionen Schweizer Franken und die mehr als 250 Vollzeitäquivalente (VZÄ) beschäftigen (Art. 727 Abs. 1(2) OR).

Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass es keine gesetzlichen Sanktionen für Unternehmen geben wird, die diese Quotenvorgaben nicht einhalten. Stattdessen haben sich die Schweizer Behörden dazu entschieden, einen "Comply or Explain"-Ansatz zu verfolgen. Das bedeutet, dass das Gesetz Richtwerte vorgibt. Werden diese nicht erfüllt, müssen die Unternehmen ihre Nichteinhaltung in ihrem Vergütungsbericht begründen und aufzeigen, wie sie die Quote zukünftig erfüllen wollen.

Auf praktischer Ebene wirft diese neue Maßnahme mehrere Fragen auf, wie Unternehmen diese neuen Anforderungen erfüllen können. Wird dies durch einen Bottom-up-Ansatz erreicht, indem mehr Frauen durch Nachfolgeplanung gefördert werden, oder indem mehr weibliche Talente von außen angeworben werden, oder wird es eine Kombination aus beidem sein? Wenn Unternehmen versuchen, mehr Talente von außen anzuziehen, wie können dann mehr weibliche Talente für die Rohstoffhandelsbranche gewonnen werden? Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine Erhöhung der Geschlechtervielfalt wird sich direkt in einer breiteren Repräsentation von Meinungen und einem ausgewogeneren Umgang mit Risiken niederschlagen. Eines ist sicher: Es wird einen kulturellen Wandel in der Rekrutierungspraxis geben müssen. Die Arbeitspraktiken werden sich weiterentwickeln müssen, um zum Beispiel flexible Arbeitszeiten für familiäre Prioritäten zu ermöglichen. Die Unternehmen werden sich anpassen müssen, um den Pool der verfügbaren potenziellen Talente zu erschließen. Sie müssen nicht nur mehr Bewusstsein für Karrieremöglichkeiten schaffen, z. B. mit Business- und Managementschulen, sondern auch ihre Einstellungskommunikation inklusiver gestalten und mehr Botschafterinnen-Netzwerke aufbauen, um neue Talente zu gewinnen.