Die moderne Handelsfinanzierung hat sich in den letzten Jahren von einem klassischen Transaktionsfinanzierungsmodell zu einem Modell entwickelt, bei dem Transaktionen generiert werden, um Finanzmittel zu beschaffen, da sich einige physische Verträge auf der verzweifelten Suche nach Liquidität zu künstlicheren Strukturen entwickelt haben, die reinen Finanzprodukten ähneln. Aber Liquidität, sei es zur Deckung eines internen Verlustes oder zur Beschaffung von Mitteln, um einen Händler für den Markt attraktiv zu machen, kann süchtig machen. „Factoring“ hat das Problem weiter verschärft. Dabei handelt es sich um eine Finanzierungsform, die es Händlern ohne Vermögenswerte erlaubt, ihre ausstehenden Forderungen für Leistungen und Lieferungen an Dritte zu verkaufen. Dies veranlasst einige skrupellose Akteure dazu, Rechnungen ohne ein zugrundeliegendes Geschäft zu fakturieren. Die Leichtigkeit, mit der ein Dokument gefälscht oder manipuliert werden kann, um eine fiktive Transaktion zu erzeugen, kombiniert mit der Schwierigkeit, diese Transaktion aufzudecken, bildet einen Fehlanreiz insbesondere für diejenigen Unternehmen, die besonders auf Liquidität angewiesen sind. Und mit jeder Abhängigkeit kommt ein zusätzlicher Kipppunkt.
Die Lösung - Ändern des Risiko-Belohnungs-Paradigmas
Singapur hat mit zwei wichtigen Initiativen im Jahr 2020 eine Vorreiterrolle bei der Lösung dieses Problems übernommen:
Das Transactional Finance Registry wird derzeit von einer Gruppe ausgewählter Banken getestet. Das Register konzentriert sich auf das grundlegende Ziel, sicherzustellen, dass ein Frachtbrief (FB) nicht mehr als einmal finanziert werden kann. Durch die gemeinsame Nutzung von Daten ausgewählter FB und Rechnungen durch eine Gruppe ausgewählter Finanzinstitute erhalten die Teilnehmer einen besseren Einblick in die physische Bewegung von Waren und reduzieren so Betrugsfälle von Mehrfachfinanzierungen. Das Register weist jedoch Einschränkungen auf, da es einen eher bruchstückhaften Ansatz zur Handelsfinanzierung verfolgt und sich hauptsächlich auf FB und Rechnungen konzentriert, die von einer kleinen Gruppe von Akteuren innerhalb eines Netzwerks eingereicht werden. Um dies zu überwinden, wird seit einigen Jahren der Einsatz der Blockchain-Technologie befürwortet, aber auch diese Technologie lässt einige wichtige Aspekte der Transaktionsfinanzierung aus. Damit ein Register funktioniert, müssen alle Marktteilnehmer beteiligt sein und die einzige Person, die einen FB wirklich authentifizieren kann, ist diejenige, welche diesen ausgestellt hat. Vollständige Transparenz kann nur erreicht werden, wenn die Waren von ihrem Ursprung bis zum Endabnehmer digital nachverfolgt werden können. Allerdings scheinen die Aussichten, dies zu erreichen, derzeit leider nicht unmittelbar bevorzustehen, da der Großteil der Rohstoffe aus Entwicklungsländern exportiert wird, die nicht über das entsprechende Niveau an digitaler Ausgereiftheit verfügen. Obwohl das Register nicht alle Antworten auf das Problem liefert, ermöglicht es den Marktteilnehmern dennoch, sich die richtigen Fragen zu stellen.
Die richtigen Fragen zu stellen, scheint denn auch die Grundlage des "Code of Best Practice" zu sein, der von der Bankiervereinigung in Singapur eingeführt wurde. Dieser Kodex, der rechtlich nicht bindend ist, bietet eine Anleitung für den Zugang zu Liquidität, sowohl im Hinblick auf die Analyse des makroökonomischen Risikos des Kreditnehmers als auch auf Transaktionsebene. Er hebt zum einen nicht abschließende Beispiele für gute Unternehmensführung und Risikomanagementpolitik hervor, zum anderen die Sorgfaltspflicht und Transparenz von Transaktionen.
Zwei Aspekte des Kodex sind es wert, hervorgehoben zu werden, da sie auf die allgemeineren Herausforderungen hinweisen, die die Rohstofffinanzierung betreffen. Erstens: Der Kodex bezieht sich im Rahmen der Anforderungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht auf "geliehenes Geld und alle anderen finanziellen Vereinbarungen" sowie auf "Umsatz, der verkauft oder abgezinst wurde, und andere Transaktionen, die einer Finanzierung“ gleichkommen. Diese Beispiele verdeutlichen das Problem, den Einfluss eines Unternehmens bei der Handelsfinanzierung zu verstehen. Der Kern des Problems ist der Mangel an Informationen über Unternehmenskredite, welchen einige Gläubiger dazu veranlasst hat, Kredite einige Wochen vor dem Konkurs eines Unternehmens zu verlängern. Der Kodex sieht nun die Weitergabe von solchen relevanten Informationen vor, allerdings bleibt ein weiteres Problem bestehen: Ein Schuldner ist verpflichtet, seinem Kreditnehmer vollständige und offene Informationen über seinen Verschuldungsgrad zu geben. Es werden in der Folge mehr Zeit und Ressourcen benötigt, um zu verstehen, ob Händler ihre "finanziellen Vereinbarungen" verschleiert haben. Dies wird zwangsläufig zu langsameren Auszahlungen und höheren Finanzierungskosten führen. Ist dies nun aber wirklich eine schlechte Sache?
Zweitens: Die Transparenz und Überwachung von Transaktionen, bei denen die Händler verpflichtet sind, "Informationen über den End-to-End-Prozess und den Handelszyklus" zu liefern, zeigt deutlich die grundlegenden Elemente für das Verständnis der Struktur des Handels und für die Ausübung seiner heiligsten Eigenschaft - der Selbstliquidation der Vermögenswerte. Abtretungen wurden speziell mit der Empfehlung gekennzeichnet, dass Rechnungen direkt vom Kreditgeber versandt werden sollten und Bestätigungen solcher Abtretungen direkt beim Kreditgeber und nicht beim Kreditnehmer eingehen sollten, um das Risiko einer Fälschung zu minimieren. Dies ist ein Bereich, der eine ständige Überwachung erfordert, da Forderungen die Achillesferse der Handelsfinanzierung sind. Sie sind folglich nur schwer zu verifizieren oder zu monetarisieren.
Der Erfolg solcher Initiativen ist noch nicht sichtbar. Es ist aber ein Signal an Kreditgeber auf der ganzen Welt, sich wieder auf die Grundlagen zu besinnen, um die Verschuldung ihres Kreditnehmers und die Art der Transaktion, die sie für eine Finanzierung in Betracht ziehen, besser verstehen zu können.