Interview erstellt von STSA
Welche Rolle spielt Mercuria in der Energiewende?
Jedes Unternehmen hat seine eigene Strategie. Wir sehen es als unsere moralische Verpflichtung an, uns an diesem Übergang zu beteiligen – und zwar nicht auf der Grundlage von Kapitalrendite oder Eigenkapital. Wir wickeln jedes Jahr Rohstoffgeschäfte im Wert von 130 Mrd. USD ab, und viele unserer Kunden und Geschäftspartner sind grosse Emittenten. Es kommt vor, dass die Strompreise negativ sind, wenn Sonne und Wind vorhanden sind. Viele der Investitionen in erneuerbare Energien können gefährlich sein, wenn man die Komponenten und das damit verbundene Risiko nicht versteht. Wir haben umfangreiche Erfahrung in diesem Bereich und sollten daher die Menschen bei Investitionen in diesen Sektor unterstützen.
Auch die Transportindustrie sucht nach einer Lösung, sei es für Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energien/Erdgas oder Biokraftstoffe. Wir haben (in einem Joint Venture mit Chevron) das zweitgrösste Geschäftsportfolio an Verteilungssystemen für erneuerbares Erdgas in den USA, aber wir haben auch in Elektrofahrzeuge und Ladestationen investiert. Abfallentsorgungsunternehmen sind ein weiterer wichtiger Bestandteil für uns. Entscheidend ist auch, dass die Menschen verstehen, was es bedeutet, ihre Emissionen zu reduzieren, und wie sie von staatlichen Fördermitteln profitieren können, sowohl in Europa als auch in den USA.
Was glauben Sie, wie die Kraftstoffe der Zukunft aussehen werden (erneuerbares Gas, Biodiesel, grüner Wasserstoff)?
Ich glaube, dass sie alle eine grosse Rolle spielen werden. Man darf aber nicht vergessen, dass die Energiewende nicht zu schaffen ist, ohne dass sich ein grosser Teil der Industrie daran beteiligt. Manche Menschen sehen die Zukunft in blauem oder grünem Wasserstoff, aber es wird noch einige Jahre dauern, bis er in der Schifffahrt eingesetzt wird. Die gesamte Logistik ist ziemlich kompliziert. Man muss eine entsprechende Infrastruktur aufbauen, doch Sonne, Wind und andere erneuerbare Energien werden natürlich eine grosse Rolle spielen. Erdgas kann als Übergang genutzt werden, aber der Einsatz von Kohle ist immer noch ziemlich hoch und es gibt kein Patentrezept. Jeder Teil der Industriekette wird sich mit seinen Emissionen auseinandersetzen und sehen müssen, wie er diese Probleme auf der Grundlage möglicher CO2-Preise lösen kann.
Haben Sie einen CO2-Preis, den Sie intern auf Ihre Investitionen anwenden?
Ja. Wir haben uns zum Beispiel gefragt, ob wir noch in die vorgelagerte Ölindustrie investieren sollen. Die Antwort lautet: Ja. Öl wird es noch sehr lange geben. Im Sinne der Nachhaltigkeit muss nach CO2-Intensität und nach Art des Rohöls differenziert werden, denn nicht alle haben die gleiche Wirkung. Im Vereinigten Königreich zahlt man eine CO2-Steuer, die in die Investitionskosten einfliessen muss. Ausserdem können wir aufgrund unserer Zusage, 50% unserer Investitionen in die Energiewende, statt in Kohlenstoffe zu investieren, keine grossen Investitionen in den Erdölsektor tätigen, wenn wir nicht dasselbe im Sektor der erneuerbaren Energien tun.
